Die Jurydebatte – live kommentiert von den nachtkritik-Lesern
Jurydebatte live
3./4. Juni 2010. Knapp zwei Stunden dauerte die Diskussion der fünf PreisjurorInnen. Am Ende des Abends sprachen sich drei von ihnen für Roland Schimmelpfennig aus, der damit für sein siebtes nach Mülheim eingeladene Stück Der goldene Drache zum ersten Mal den mit 15.000 Euro dotierten Mülheimer Dramatikerpreis 2010 erhielt. Der undotierte Publikumspreis ging hingegen an Dea Loher für Diebe.
Im Jury Chat konnten die nachtkritik-Leser die Jurydebatte live kommentieren. Das Resultat ist hier nachzulesen, in chronologischer Reihenfolge von oben nach unten:
1 | nachtkritik | Hier können Sie die Jurydebatte live kommentieren. |
2 | guest_8506 | Ich will gar nicht kommentieren. Die reden doch schon genug! |
3 | guest_8510 | Für Stockmann und Laucke reicht es nicht. Der nächste ist Schimmelpfennig |
4 | guest_Tschec | Drr Satz von Katja Lange - Müller “Je schwieriger die Lage desto besser die Stücke” ist schon eine Diskussion wert! |
5 | guest_8516 | Na, dann müsste die Lage jetzt aber soft , soft - flockig.. |
6 | guest_Tschec | Kralicek nennt Röggla “thematisch eng”. Schade! |
7 | guest_8516 | PS: außerdem ist liegt in schwierigen Zeiten der SToff auf der Strasse und man muss sich nicht sehr anstrengen, um sie aufzuheben. Bloß gute Stücke draus zu machen da fe |
8 | guest_8510 | wahrscheinlich hat Lange - Müller recht: Stück der Jelinek nicht so, Inszenierung aber genial! Aber es ist ja ein Stückepreis, keine Inszenierungspreis. |
9 | guest_8516 | Ja, Lange - Müller ist die Beste.., glasklar, kein bisschen vom Betrieb verblendet. Cool, wie sie Palmetshofer verreisst.. Bloß kriegt man jetzt Angst, dass das Zahnarztstück von Schimmelpfennig den Preis bekommt! “Der goldene Zahn” oder wie hieß es noch gleich.... |
10 | guest_roadst | Oder Diebe, dieses Jammeroratorium, ich möchte so gerne, dass der Preis an Elfriede Jelinek geht. Aber jetzt sieht es krass nach Schimmelpfennig oder Loher aus. Heul!!! |
11 | guest_Tesche | Josef Mackert will beunruhigt werden. Das klingt nach Jelinek! |
12 | guest_roadst | Aber sie hat schon zwei Gegenstimmen. Loher & Schimmelpfennig noch keine |
13 | guest_9999 | Laura Olivi nannte anfangs, dass sich die Stücke auf scharfe Weise mit der globalisierten Welt auseinandersetzen. Jelinek aber ist für sie „unentschieden“, interessant der Gedanke der Dialektik des Offensichtlichen und seiner Verdrängung. |
14 | guest_roadst | HA, erste Gegenstimme für Loher.. Jetzt droht aber immer noch Schimmelpfennig...HUUU |
15 | guest_Tschec | Da brechen die Dämme: Stimme gegen Dea Loher, gegen Jelinek! |
16 | guest_0491 | Gemach, wartens ab, wie wir Wiener sagen. |
17 | Sweet Lorrai | Lieber Boenisch, ob der Mensch ein Individuum ist oder gesichtslose Masse, das liegt nicht am System sondern am Blick. Da hat die Totalitarismus - gebrannte Katja Lange - Müller recht, auf diese Differenz zu bestehen. Der Rest ist Theaterwissenschaft, keine angewandte wohl gemerkt. Diskurs Pour Diskurs. Chöre gehören in die Kirche, ham se gehört. |
18 | mouse_pad | guckt horst köhler an: an der finanzkrise depressiv und amtsunfähig geworden. an der ohnmacht der repräsentation im amt erstarrt kein chor. |
19 | guest_8510 | Was soll uns jetzt der Köhler? Ist das ne Figur aus dem Laucke - Stück? |
20 | mouse_pad | was soll das jetzt? es ist ein argument gegen den chor. der übertönt das einzelne - das schicksal derer, die diese krise erleiden, jenseits der kalauernden klischees von frau jott. |
21 | guest_Tschec | Olivi mag nicht sehen, dass es bei Jelinek ums Ende der Repräsemtation gehts: des Geldes und des Repräsentationstheaters. Meine russische Seele weint auch. |
22 | guest_roadst | ich sagst ja, Schimmelpfennig: ich geb mir die Kugel!!! |
23 | Sweet Lorrai | Schimmelbrecht ist der neue Pfennig, der Dramatikername zur Finanzkrise. Der eine heißt so, die Jelinek schreibt darüber: von den schimmelnden Pfennigen.. |
24 | guest_Tschec | Liebe Jury, die gesprochenen Regieanweisungen läuten bei Schimmelpefenig jeweils die Verwandlung in die andere Figur ein... |
25 | guest_8516 | Meine Begeisterung für Lange - Müller bröselt gerade. Sie liebt blutenden chinesische Küchenjungen, aber keine Chöre. |
26 | guest_7602 | Der Juror Herr Mackert verteidigt für meinen Geschmack etwas zu sehr eine Produktion desselben Jelinek Stücks das am Theater Freiburg spielt Regie : Joachim Schloemer), und er ist der Dramaturg dieser Produktion. Ich werfe Herrn Mackert hier keine direkte Parteilichkeit vor, denn wenn man die Dramaturgie eines Stücks macht, verteidigt man es natürlich, aber seine Abgrenzung zu der Inszenierung von der Stehmann – Inszenierung, nimmt seiner Argumentation leider einen Teil seiner Virtuosität… |
27 | guest_8516 | interessant, 7602! |
28 | guest_roadst | Ich wette auf Schimmelpfennig. Was sagen die anderen? |
29 | guest_7602 | ja, glaube auch schimmelpfennig. ich habe das stück in wien gesehen, und glaube das das “weiterschreiben” in der inszenierung mit den schauspielern allen voran sprengsatz christiane von pölnitz) erst richtig toll wird. vielleicht ist der text an sich mal so stark. |
30 | guest_Tschec | Ja, zu spät, um dagegen zu wetten. Aber weiterschreiben? Die Menüliste? Das Stück ist in seiner Verknappung höchst raffiniert. Aber auch sehr poetisch mit seinem Thema. Ist es das, was den Widerspruch provoziert?, |
31 | guest_7602 | schimmelpfennig wäre kein grosser könig, das stimmt. kein grosses jahr, tschec. |
32 | guest_8516 | Mir widerstrebt diese verkitschende Metaphorik. |
33 | guest_Tschec | Verkitschte Metaphorik? Bitte genauer! |
34 | guest_7602 | verstehe. ich meine einfach nur : kein grosser mühlheim – wurf, dieses jahr. |
35 | guest_8516 | die Grille, der Zahn, der blutende Junge, das tut so emphatisch, ist aber so bürgerlich hohl und aus dem eigenen warmen Dramatikerbett aus geschrieben.. Aber gerade holt Jelinek auf! |
36 | guest_8516 | großartige Metapher? Der Teppich, der zum Leichentuch wird??? |
37 | guest_7602 | schimmelpfennig hat gewonnen, nicht fürs stück sondern für stück + inszenierung + ensemble. |
38 | später Gast |
Eine gute Wahl! Das Stück ist hervorragend. Seine Qualitäten liegen ganz klar darin, dass ein Dramatiker hier eine eigene Form findet, um das Schicksal zweier illegaler Einwanderer zu erzählen. Für die Theater ist es in einem kleinen Raum mit fünf Schauspieler leicht zu inszenieren. Dass das Stück auch eine gewisse Kunstliebe bedient, mag der Grund sein, warum es nicht einhellig euphorisch aufgenommen wird. Aber seis drum.
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